Vienna 90 – 2. Internationales Landeslager der Wiener Pfadfinder und Pfadfinderinnen

Als Lager haben wir uns diesmal dem Vienna 90 gewidmet, zwar mit eher kleinerer 27-er Beteiligung, aber deswegen war es bestimmt nicht weniger spannend und lustig. Daher hier was wir in unserem Archiv gefunden haben:

Wie ihnen natürlich allen bekannt sein wird, gab es im Sommer 1990 im Großraum Wien eine echte Pfadfinderinvasion.

Aus allen Herren Länder waren sie angereist um ihre Zelte im Schloßpark zu Laxenburg aufzustellen. An die 5000 Pfadfinder aus 31 Ländern waren es dann, die gekommen waren, um gemeinsam zwei schöne Wochen miteinander zu verbringen. Und irgendwo in dieser Masse waren auch 6 kleine Späherlein samt ihrem Führer zu finden, die ausgezogen waren, um die Gruppe 27 zu vertreten. Pardon, hätte ich fast zwei 27-er Caravelles vergessen, die es im letzten Moment auch noch schafften, auf den Zug nach Laxenburg aufzuspringen.

Im Folgenden werde ich mit Ihnen einen Streifzug durch das Programm dieses Großlagers machen, um Ihnen zu zeigen, was unsere 6 Späher alles erlebten. Die kommenden Ausführungen erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie sollen vielmehr nur einige „highlights“ des Lagers hervorheben.

Gleich zu Beginn des Lagers, nachdem die Zelte und Lagerbauten aufgebaut waren, begaben sich die Wiener Späher und Guides gleich auf eine Zeitreise. Zurückversetzt ins Mittelalter versuchten sie, gemeinsam mit dem berühmten Blondel, Richard Löwenherz aufzustöbern. Nach 2 Tagen Abenteuern und dem Lösen verschiedenster Aufgaben glückte es schließlich – Richard wurde gefunden und mit selbstgebastelten Geschenken freigekauft.

Wieder zurück in der Gegenwart ging’s gleich rasant und international weiter. Die Eröffnungsfeier stand auf dem Programm. Es war schon beeindruckend zu sehen, welche Massen Richtung Schloß zogen. Man hatte den Eindruck, das hört nie auf. Nachdem alle einen Platz gefunden hatten, zogen von jedem teilnehmenden Land einige Repräsentanten in Landestracht bzw. in jeweilige Pfadfinderuniform gekleidet und mit der Landesfahne bewaffnet, unter riesiger Begeisterung, ins Eröffnungsareal ein. Beim Einzug der österreichischen Delegation und in der Folge beim erstmaligen Singen des Lagerliedes des Vienna 90 „BiPi’s Geist ist unser Leben…“ kannte die Begeisterung keine Grenzen mehr. Fahnen und Wimpeln wurden geschwenkt und die Lagerteilnehmer drehten ihre Halstücher wie Rotoren von Hubschaubern über ihren Köpfen.

Die nächsten Tage wurden dann dazu genutzt das riesige Lagergelände und Laxenburg zu erkunden. Und da gab es ja einiges zu sehen: tolle Lagerbauten, wie z. B. ein gewaltiges Riesenrad, auf dem man auch eine Runde drehen konnte; schöne Lagertore, hochgebaute Zelt uvm..

Auch den Scout-Shop, die Milchbar, das Gesellschaftszelt etc. wurden sehr schnell entdeckt. Nur eine Einrichtung wurde von unseren Spähern nicht und nicht entdeckt. Da ich es aber nicht mitansehen konnte, daß sie von diesem Genuß ausgeschlossen sind, erzählte ich ihnen davon.

Und es bedurfte keiner vielen Wort um sie dorthin zu bewegen, nein, vielmehr brauchte man kräftige Arme. Es handelte sich nämlich um die Dusche, die vom Roten Kreuz aufgestellt worden war, von unseren Spähern aber unentdeckt blieb.

Frisch geduscht und gekämmt war es dann auch leichter neue Freunde kennenzulernen und der Lieblingsbeschäftigung auf solchen Großlagern nachzugehen, dem „changen“ – für Uneingeweihte, das ist das Tauschen von Abzeichen, Gürteln, Halstuchknoten und was man sonst noch alles ergattern kann.

Aber nachdem unser Späher ja nicht irgendwelche Späher sind, gab es auch andere, eher unorthodoxe Freizeitbeschäftigungen.

So z. B. der Besuch der Krankenstation. Durch die Tag für Tag herunterbrennende Sonne und die dadurch auftretenden Hitzschlagsymptome wurde die Krankenstation entdeckt und für gut befunden. Woraufhin ich bei bestimmten Spähern, wenn ich sie suchte, nur zur Krankenstation gehen brauchte. Dort empfing mich dann sicher gleiche eine der Krankenschwestern, um mich über die neuen „Krankheiten“ meiner Lieben aufzuklären.

Andere Höhepunkte für unsere Späher waren wohl auch die Magic Mystery Tour, einem Fantasy Spiel, bei dem sie rund um die Welt reisten und dabei unter anderem Abenteuer mit Vampiren in Transylvanien oder mit dem Yeti, der ihnen sogar ein Eis spendierte, erlebten; aber auch der Ausflug auf die Hohe Wand war in der Beliebtheitsskala ganz oben zu finden. Hierzu trug wohl weniger der eher anstrengende Aufstieg, als vielmehr der Abstieg über einen gesicherten Steig bei, der Anfangs für manch mulmiges Gefühl im Magen sorgte, letztendlich aber toll gemeistert wurde.

Weiters gab es noch Workshops, ein Nachtgeländespiel, eine Lagerolympiade … Sie sehen schon, an Programm hat es uns nicht gemangelt. Ja, sogar seinen Zwilling sollte man suchen. Was da zu tun war? Jeder Lagerteilnehmer sollte versuchen einen anderen zu finden, der am selben Tag wie er geboren ist. Sie werden sich jetzt vielleicht, so wie ich anfangs, denken, da wird es nicht viele geben. Aber Irrtum! Die Kinder wanderten mit Schildern, auf denen ihr Geburtsdatum stand, durchs Lager, fragten nach anderen Geburtsdaten und wurden oft fündig. So bildeten sich riesige Schlangen von „Zwillingen“, die auf die Preisausgabe warteten. Aber auch für die, die keinen Zwilling fanden, war es ein Riesenspaß.

Und so ging auch dieses Lager vorüber. Nach und nach verschwand Zelt um Zelt, und mit etwas Wehmut packte man auch selber seine Sachen um sich wieder auf den Heimweg zu begeben.

Obwohl es für mich nicht das erste internationale Großlager war, so ist es für mich wieder einmal ein tolles Erlebnis gewesen, zu sehen, daß es möglich ist, daß Menschen der unterschiedlichsten Rassen, Religionen und Hautfarben friedlich nebeneinander lagern und einander helfen wo es nur geht; aber auch daß ein vermehrtes Umweltbewußtsein zu erkennen war. So war am Lagergelände, wie sie vielleicht am Besuchersonntag bemerkten, wohl kaum ein achtlos weggeworfenes Papier zu finden; und auch der Mist wurde z. B. getrennt gesammelt.

Das alles müßte dann doch auch außerhalb des Lagergeländes möglich sein, und das gibt mir Hoffnung für die Zukunft.

Wolfgang