Nachdem im Oktober 1976 der erste Brief nach Italien abgeschickt wurde, etliche Briefe und Telefonate noch hin und her gingen, war es dann am Donnerstag, dem 26. Mai 1977 so weit. Der Countdown begann, als die Meuten, der Explorertrupp und die zuständigen Leiter:innen ins Heim kamen und den Wölflingen die Rucksäcke aufpackten. Am Südbahnhof war „grosser Bahnhof“. Die Landesbeauftragte für Wölflinge, Frau Brigitte Schütz, hatte sich sogar eingefunden, um unsere Gruppe zu verabschieden. Als erste Wölflingsgruppe von Wien – wahrscheinlich von ganz Österreich -fuhren wir nach Assisi zum Schutzpatron der Wölflinge – zum hl. Franziskus. Aber noch war es nicht so weit. Im Sonderwaggon war das Gepäck bald verstaut und es ging zu wie in einem Bienenhaus. Letzte Bussis – und der Zug setzte sich in Bewegung. Ein letztes Abschiedsgebrüll der Buben und das letzte Winken der Eltern. Im Waggon wurde es bald still. Nachdem Gürtel, Halstücher und Schuhe abgelegt waren gab es noch ein Lutschzuckerl als „Bettsteigerl“. Die Bänke wurden zusammengeschoben und bald herrschte Ruhe. In den Führerabteilen jedoch noch lange nicht. Der Dienst an den beiden Türen wurde eingeteilt und das Frühstück für den kommenden Tag besprochen. Der Zug fuhr bereits in den anbrechenden Morgen. Als wir die Wölflinge gegen 7 Uhr weckten war das Frühstück, das die Explorer zubereitet hatten, schon fertig. Es gab heißen Tee und Buttersemmeln mit Marmelade.
Die Wölflinge bekamen ein Tagebuch, in das alles eingetragen werden musste, was sie über diese Pfingsttage erleben sollten. Bis zum Mittagessen wurde gespielt, gesungen, Erprobungen abgelegt und hinausgeschaut … „eigentlich schaut’s da aus wie bei uns“ … war das Resümee. Zu Mittag gab es Erbswurstsuppe mit Würstel, die einfach herrlich schmeckte. Ab Florenz nahm dann die Nervosität etwas zu, denn bald sollten wir in Terontolo ankommen und umsteigen. Um 16:20 Uhr war es dann soweit. Aber komisch – das Wetter war so gar nicht italienisch – kalt und unfreundlich. Umso besser war die Stimmung unserer Buben. Weiter ging es im Salonwagen irgend eines italienischen Königs, und als wir in Assisi ankamen, regnete es und es war eiskalt. Ein Autobus brachte uns über einige Serpentinen zu einem schlossähnlichen Gemäuer, zu dem wir vorerst einigen Misstrauen hatten. Doch dort sollten wir nicht schlafen, sondern in einer wunderschönen Jugendherberge: Stockbetten, Warm- u. Kaltwasser in jedem Zimmer, Duschen, Balkon – inmitten eines Gartens mit Ölbäumen. Nach Kaltverpflegung und Abendwäsche ging’s ins Bett.
Der nächste Tag begann mit einem strahlenden Morgen und so strahlend blieb es die ganze Zeit. Nun zu Assisi selbst: Assisi ist ein entzückendes, altes Städtchen und so alt belassen, dass hinter jeder Ecke und aus jedem Winkel der Hl. Franziskus mit einem Wolf hervorkommen könnte. Assisi ist voller Erinnerungen an den hl. Franziskus, und wir besuchten fast alle dieser Stätten. Zum Beispiel St. Damiano – ein ganz einfaches Kirchlein – in dem Franziskus im Jahre 1206 die Stimme des Herrn hörte …“Franziskus, siehst du nicht, dass mein Haus einstürzen droht – gehe und richte es wieder auf“. Und Franziskus stellte das Kirchlein wieder her. Die Stille und Bescheidenheit von St. Damiano, umgeben von schmalen, alten Zypressen, verkörpern den vollkommenen Frieden. Wir waren auch im Portiunkula: Das ist die alte Hütte, die Franziskus und seine Brüder aus Lehm, Stroh und Steinen gebaut haben. Diese Kapelle ist überbaut von der Basilika Santa Maria degli Angeli. Neben der Portiunkula- Kapelle ist die Zelle, in der der hl. Franziskus am 3. Oktober 1226 starb. Neben der Sakristei ist der Klostergarten, in dem wirklich und wahrhaftig Rosen ohne Dornen wachsen. All diese Kleinode hütet die grosse Basilika, die siebengrößte der Welt. Wir waren in der S. Chiara- Kirche, in der der mumifizierte Körper des hl. Franziskus in einem Glassarg zu sehen ist.
Das grosse Erlebnis war aber die Versprechensfeier im Rahmen einer hl. Messe beim Grab des hl. Franziskus in der Krypta der Basilika San Francesco. Die Wölflinge Andreas Maur, Alexander und Andreas Spirik, Robert Baumer und Gert Hinterleitner haben hier ihr Wölflingsversprechen abgelegt. Ebenso Sieglinde Rosenberger – im Wölflingsdschungel RAKSCHA (Mouglis Wolfsmutter) genannt – legte hier auf die altehrwürdige St. Georgs-Fahne, die wir in einem Glaskasten mitgenommen hatten, das Pfadfinderversprechen ab. Sterne und Spezialabzeichen wurden überreicht und auch bei den Explorern gab es Diplome für die Erreichung von mehreren Erprobungsstufen.
Ein Höhepunkt war aber auch das Lagerfeuer, P. Ruf., ein Franziskanerpater, der uns das schöne Lager überhaupt ermöglicht hat, kam aus Florenz angefahren, wo er zugleich Pfarrer ist. Es war ein richtig schönes Lagerfeuer, das lustig begann und besinnlich endete. Vergessen wird es wohl niemand …. Am letzten Abend gingen wir dann zu einem großen Spagetti-Essen, denn das gehört in Italien nun einmal dazu wie das Eisessen – und das waren wir nicht nur einmal!
Der letzte Tag in Assisi – strahlend schön – 4:00 Uhr früh. Der Autobus wartete schon und wir standen zum letzten mal am Antreteplatz und zum letzten Mal erklang das Franziskuslied.
Die Bahnverbindung bis Terontolo klappte ausgezeichnet – nur dann kam der „Romulus“ mit 70 Minuten Verspätung, die er bis Wien nicht mehr aufholen konnte. Die Eltern werden wohl in unseren Gesichtern die Strapaz gelesen haben – aber die Erinnerung an diese schönen Tage in Assisi wird bleiben – es war wirklich schön!
Zu guter Letzt: Ein recht kräftiges DANKESCHÖN den Explorern und den Explorerführern Baumer und Dominek. Sie waren nur für uns Wölflinge da- von früh bis spät. Der Wahlspruch der Wölflinge haben sie zu 100 % erfüllt: „So gut ich kann“.
Akela